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Gewässerrandstreifen – ein paar allgemeine Hinweise
Laura Sophia Apel
Gewässerrandstreifen dienen nach § 38 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) der Erhaltung und Verbesserung der ökologischen Funktionen oberirdischer Gewässer, der Wasserspeicherung, der Sicherung des Wasserabflusses sowie der Verminderung von Stoffeinträgen (z. B. von Pestiziden oder Gülle) aus diffusen Quellen in das Gewässer. Sie können damit einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung der Ziele der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) leisten, weil sie durch ihre multifunktionale Wirkung eine deutliche Verbesserung des ökologischen Zustands bewirken können. Das WHG sieht einen Streifen von 5 m vor. Die jeweiligen Gesetze der einzelnen Länder (Landeswassergesetze) können allerdings davon abweichen und treffen unterschiedliche Festlegungen hinsichtlich Breite und Nutzungseinschränkungen des Gewässerrandsteifens (eine Zusammenfassung des Umweltbundesamts siehe hier).
In einigen Bundesländern sind ausreichend breite Randstreifen Standard und durch die jeweiligen Landesgesetze etabliert. So ist z.B. in Baden-Württemberg und in Bayern als Ergebnis des Volksbegehrens im Außenbereich ein 10 m breiter Gewässerradstreifen vorgesehen, in dem sowohl der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln (PSM) und Düngung als auch die ackerbauliche Nutzung, die mit Umbruch verbunden ist, verboten. Groß war daher die Hoffnung, dass nach ewiger Diskussion auch in Niedersachsen im Rahmen des niedersächsischen Weges mit der Änderung des niedersächsischen Wasserhaushaltsgesetzes (NWG) wirksame Gewässerrandstreifen für alle Gewässer eingeführt werden. Denn bisher wurden Gewässer 3. Ordnung gänzlich ausgenommen. Dabei haben in Niedersachsen nur wenige Prozent der Gewässer einen guten ökologischen Zustand oder das gute ökologische Potential erreicht, womit die Zielerreichungen der WRRL bis 2027 bei Weitem verfehlt werden. Das Umweltforum Osnabrücker Land e.V. hatte im Jahr 2019 in einem Gutachten für Stadt und Landkreis ermittelt, dass u.a. die Überversorgung mit Nährstoffen sowie der Eintrag von Sand-/ Feinstoffeinträge in weiten Teilen ein Problem für die Gewässer und die Zielerreichung darstellt (siehe hier). Um die Belastungen zu reduzieren, wird in den Wasserkörperdatenblättern (WKDB) des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) zur Erreichung des guten ökologischen Zustands bzw. Potenzials für den Raum Osnabrück oft die Anlage oder der Ausbau eines Gewässerrandstreifens empfohlen.
Allerdings dürften auch die in Niedersachsen eingeführten Gewässerrandstreifen keinen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung leisten. Sie weisen erhebliche Defizite auf.
Niedersächsische Regelungen – mehr Schein als Sein
§ 58 des NWG sieht weiterhin Abweichungen vom WHG vor. So sollen Gewässerrandstreifen an Gewässern 1. Ordnung mit 10 m deutlich breiter sein als das WHG vorsieht, hingegen sind für Gewässer 3. Ordnung nur 3 m vorgesehen. Die niedersächsischen Gewässer 1. Ordnung (z.B. Weser, Ems, Elbe, Mittellandkanal) belaufen sich auf 2.116 km, womit nur 1-2 % der Fließstrecke der niedersächsischen Gewässer abgedeckt sind. Ein großer Teil dieser Gewässer weist schon jetzt durch begleitende Wege oder Bäume solche Abstände zu den landwirtschaftlichen Flächen auf. Die Gewässer 2. Ordnung belaufen sich auf 28.500 km und solche 3. Ordnung sogar auf 130.000 km. Für Streifen von 10 m gibt es wissenschaftlich belegte Effekte. Bei geringeren Randstreifen ist die Wirkung nicht mehr ausreichend belegt und ist vom Einzelfall abhängig (eine Auswertung wissenschaftlicher Studien findet man hier). Bei einem Randstreifen von 5 m werden nur ca. 50 % der Nährstoffe zurückgehalten (siehe hier). Die Wirksamkeit zur Entfernung von Stickstoff und Phosphor im Randstreifen ist höher, wenn dort Bäume stehen. Entscheidend ist daher, welche Nutzungen im Bereich der Streifen stattfinden bzw. verboten werden. Niedersachsen beschränkt sich auf ein Verbot des Einsatzes von PSM und Düngung. Relevant wäre aber auch ein Verbot von ackerbaulicher Nutzung gewesen, um den Eintrag von z.B. Sedimenten durch Winderosion zu reduzieren. Die Beobachtung in der Praxis zeigt, dass insbesondere bei Gewässern 3. Ordnung bis an die Gewässeroberkannte heran gepflügt wird.
In Gebieten mit hoher Gewässerdichte (Gemeinden, in der die landwirtschaftliche Nutzfläche mit 3 % oder mehr betroffen wäre) wird die Mindestbreite für Gewässer 2. und 3. Ordnung entlang von Futterflächen und Dauergrünland sogar auf 1 Meter reduziert. Relevante Gemeinden werden hier angezeigt. Dort darf weiterhin bis auf einen Meter an die Gewässer 2. und 3. Ordnung heran z.B. Silomais angebaut werden. Darunter fallen auch Gewässer, die bislang einen schlechten Zustand bzw. ein unbefriedigendes Potenzial aufweisen. Ein 1 Meter breiter Streifen hat keine relevanten Effekte. Im Gegenteil: Eine Schonung der Gewässer vor Pestizideinträgen und einer Eutrophierung ist nicht mehr gewährleistet, weshalb das Umweltforum bereits letztes Jahr eine Stellungnahme zu dieser Absicht abgegeben hat (siehe hier). Zwar mögen landwirtschaftliche Betriebe technisch und theoretisch in der Lage sein, solche Grenzen einzuhalten. Rein praktisch ist dies in vielen Fällen jedoch nicht der Fall, weil z.B. bei zu hoher Windgeschwindigkeit Pestizide verspritzt werden oder einfach mangelnde Sorgfalt an den Tag gelegt wird. Hinzu kommt, dass die Nährstoffeinträge nicht nur über die Luft, sondern auch über den Oberflächen- und Zwischenabfluss erfolgen. Der unter Mitwirkung von BUND und Nabu Niedersachsen ausgehandelte Niedersächsische Weg bleibt damit noch hinter der Bundesgesetzgebung zurück.
Des Weiteren lässt die niedersächsische Regelung zu, dass Gewässer, die regelmäßig trockenfallen, von den Regelungen befreit werden, weil die Schäden für die dort vorkommenden Lebensgemeinschaften geringer seien. Diese Gewässer werden in das Verzeichnis trockenfallender Gewässer aufgenommen, wenn sie dem NLWKN gemeldet werden (siehe hier). Diese Anzeige kann jeder – also auch die bewirtschafteten Landwirte selbst - tätigen. Eine fachliche Prüfung, ob diese Meldung zutrifft, erfolgt wohl nur auf Zuruf, wie eigene Erfahrungen zeigen (s.u.).
Es ist ein Armutszeugnis, wenn man sich die Dringlichkeit des Handelns vor Augen führt. Anstatt Gelder in die Schadensbekämpfung bzw. Sanierung zu stecken (wie zum Beispiel am Dümmer), sollten endlich die Ursachen angegangen werden. Dazu fehlte aber erneut die Durchsetzungskraft.
Unberechtigte Einstufung eines Gewässers als längerfristig trockenfallend
Das Umweltforum stellte für ein Gewässer innerhalb eines FFH-Gebiets eine unberechtigte Einstufung eines solchen Gewässers fest. Es erfolgte eine Meldung an den NLWKN mit folgenden Fragen:
„Auf welchem Wege wird überprüft, ob eine Meldung zutreffend ist, bevor ein Gewässer in ein Verzeichnis trockenfallender Gewässer aufgenommen wird?
Bei der Bearbeitung der Anzeigen trockenfallender Gewässer werden zunächst die „harten“ Kriterien geprüft:
- Lage im Gewässernetz nach Anlage 1 Nr. 2 der OGewV (WRRL-Wasserkörper),
- Lage im Karstgebiet
Sofern eines dieser Kriterien erfüllt ist, wird die Anzeige trockenfallender Gewässer sofort abgelehnt. Im Regelfall sollen alle anderen angezeigten Gewässer ohne weitere Überprüfung ins Verzeichnis trockenfallender Gewässer aufgenommen werden, sofern ein Trockenfallen nach weiteren „weichen“ Kriterien plausibel erscheint. Die Kriterien wurden in enger Zusammenarbeit mit dem MU abgestimmt.
Im Regelfall sollen alle anderen angezeigten Gewässer ohne weitere Überprüfung ins Verzeichnis trockenfallender Gewässer aufgenommen werden, sofern ein Trockenfallen nach weiteren „weichen“ Kriterien plausibel erscheint.
Scheint ein Trockenfallen nicht plausibel wird eine weitergehende Kontrolle über die regional zuständige Betriebsstelle des NLWKN veranlasst. Da an den angezeigten Gewässerabschnitten keine Pegel-Messstellen und damit keine kontinuierlichen Wasserstandsganglinien vorliegen, ist eine definitive Gewissheit über die Regelmäßigkeit des Trockenfallens nicht möglich. Über eine Vor-Ort-Kontrolle kann ausschließlich als Momentaufnahme die Beurteilung bzgl. des Trockenfallens präzisiert werden. Aufgrund des hohen Anzeigeaufkommens und des hohen Bearbeitungsrückstandes kann eine Überprüfung des tatsächlichen Trockenfallens nur selektiv erfolgen. Nur Gewässer 2. Ordnung werden immer bei der zuständigen Betriebsstelle angefragt. Schon zu Beginn des Verzeichnisses trockenfallender Gewässer wurde eine hohe Anzahl eingehender Anzeigen trockenfallender Gewässer vermutet, sodass im Zusammenhang mit o. g. Sachverhalten im Zweifelsfall zu Gunsten der Anzeigenden entschieden werden muss.
In welcher Weise erfolgt in FFH-Gebieten die Beteiligung der jeweiligen Unteren Naturschutzbehörden? Wer wird sonst beteiligt?
Ob ein Gewässer in einem FFH- oder anderem Schutzgebiet liegt, wird nicht geprüft. Es wird nur beurteilt, ob ein Randsteifen nach § 58 NWG eingehalten werden muss, oder dieser aufgrund einer Aufnahme in das Verzeichnis trockenfallender Gewässer entfallen kann. Weitere Reglungen z.B. nach DüV gelten weiterhin. Hier sind die Anlieger selbst verantwortlich die geltenden Regelungen für Ihre Flächen zu identifizieren und einzuhalten.
Scheint ein Fall fragwürdig, wird dieser an die zuständige Betriebsstelle weitergeleitet, welche dann ggf. weitere Akteure hinzuzieht (z.B. UWB / UHV).
Welche Schritte werden von Ihrer Seite (bzw. anderen zuständigen Behörden) unternommen, um eine Korrektur der hier von uns angezeigten Fehleinstufung vorzunehmen?
Kommt es zu widersprüchlichen Anzeigen, befragen wir die zuständige Betriebsstelle und UWB. Sollten wir zu dem Ergebnis kommen, dass der Abschnitt nicht mehr als sechs Monate trockenfällt, wird dieser wieder aus dem Verzeichnis trockenfallender Gewässer herausgenommen und die anzeigende Person wird informiert, dass sie zukünftig wieder einen Randstreifen einhalten muss.“
Schlussendlich bietet das Land Niedersachsen an, unberechtigte Meldungen an verzeichnis-tg@nlwkn.niedersachsen.de zu melden. Dieses Angebot sollte genutzt werden. Gerade in diesem sehr nassen Jahr dürften einige Gewässer nicht mehr den Kriterien entsprechen. Man darf gespannt sein, welcher Maßstab dann angesetzt wird. Erfahrungsberichte werden gern gesammelt unter: lapel@umweltforum-osnabrueck.de.
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