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Östringer Weg 18, 49090 Osnabrück

Anlage von Blühstreifen, Blumenwiesen und Säumen – Welche Maßnahmen bringen am meisten für den Naturschutz?

Versuch der Hochschule Osnabrück zur Eignung mehrjähriger Blühstreifen mit gebietseigenen Wildpflanzen
als Agrarumweltmaßnahme in Osnabrück-Hellern im vierten Standjahr (Juni 2018) im Vergleich zum
zweiten Standjahr (siehe Folgebild, Juni 2016). Fotos: Sebastian Glandorf

Artenreiches Grünland, Magerrasen sowie blütenreiche Säume und Feldraine sind in den letzten Jahrzehnten in der Stadt und im Landkreis Osnabrück ebenso wie in vielen anderen Regionen Mitteleuropas immer seltener geworden und die verbliebenen Relikte sind oft in einem schlechten Erhaltungszustand. Feuchtwiesen mit Orchideen, die ich in meiner Kindheit und Jugend noch in der Umgebung von Osnabrück kennengelernt habe, sind vielerorts schon seit den 1980er Jahren durch Nutzungsaufgabe verschwunden und viele Magerrasen sind durch Verbuschung und Vergrasung degradiert. Ehemals artenreiche Glatthaferwiesen sind dagegen meist durch Intensivierung der Landwirtschaft, das heißt durch Ansaat landwirtschaftlicher Zuchtsorten von Gräsern, Überdüngung und Vielschnittnutzung für Silage verarmt. Mit dem vermehrten Maisanbau für die Milchviehhaltung und vor allem nach dem Inkrafttreten des Erneuerbare-Energien-Gesetzes kam es in den 2000er Jahren dann zu massiven Grünlandumbrüchen. Gleichzeitig wurden artenreiche Säume und Feldraine als wertvolle Ökotone und Elemente des Biotopverbunds am Rand von Äckern durch Wegpflügen immer weiter verschmälert oder komplett zerstört. Die verbleibenden Reliktstandorte sind durch Pestizid- und Nährstoffeinträge (direkt und durch die Luft), zu intensive (Vielschnittmahd), mangelnde oder ungeeignete Pflege (z.B. Mulchen ohne Abräumen der Biomasse) degradiert sodass lebensraumtypische Arten durch Nitrophyten und konkurrenzkräftige Gräser verdrängt werden.

Dadurch fehlen nicht nur Lebensräume für typische Pflanzenarten des Offenlands, sondern auch vielfältige arten- und strukturreiche Habitate für blütenbesuchende Insekten und andere Tierarten alter Kulturlandschaften. Obwohl der Schutz bestehender arten- und blütenreicher Offenlandökosysteme im Naturschutz immer noch an erster Stelle stehen muss, ist es aufgrund der immensen Verluste zunehmend notwendig durch geeignete Renaturierungsmaßnahmen regionaltypische artenreiche Wiesen, Magerrasen, Säume und Feldraine wiederherzustellen.

In ganz Deutschland ist derzeit ein ungeheurer Aktionismus zu beobachten, weil viele Menschen und Organisationen bis hin zu Unternehmen und Lobby-Verbänden in Anbetracht der Berichte über „das Insektensterben“ etwas für Bienen und andere Blütenbesucher tun wollen. Leider sind längst nicht alle Maßnahmen aus naturschutzfachlicher Sicht in gleichem Maße sinnvoll. Ziele werden oftmals nicht klar definiert und Begriffe werden vermischt oder falsch verwendet. Viele der derzeitig in der Presse mit bunten Bildern dargestellten Maßnahmen fördern vor allem die Honigbiene.

Ziel des vorliegenden Beitrags ist, die unterschiedlichen Maßnahmen zur Ansiedlung blütenreicher Vegetation vorzustellen, hinsichtlich ihres Nutzens für den Naturschutz zu bewerten und Empfehlungen sowie Literaturhinweise für Praktiker zum Weiterlesen zu geben.

Blühstreifen sind nur temporär

Nutzung neu angelegter Säume durch Tagfalter (hier: Braundickkopffalter, Foto Joy Ruschkowski)

Der Begriff „Blühstreifen“ bezeichnet zeitlich begrenzte Agrarumweltmaßnahmen auf Äckern und sollte auch nur dafür verwendet werden. Hier ist zu unterscheiden zwischen einjährigen, überjährigen und mehrjährigen Blühstreifen, für die Landwirte im Rahmen der Umsetzung der Agrarumweltmaßnahmen der EU Fördermittel beantragen können.

Einjährige Blühstreifen werden in der Regel mit einjährigen überwiegend nichtheimischen Kulturpflanzen angelegt, wie z.B. Sonnenblumen, Buchweizen, Ackersenf, Phacelia (Bienenweide), Ringelblume oder Lein. Sie sind oft artenarm (bei der derzeitigen niedersächsischen Agrarumweltmaßnahme BS 1 sind hier nur fünf Arten vorgeschrieben) und nützen mit ihrer Nektar- und Pollenproduktion überwiegend der Honigbiene und einigen wenig anspruchsvollen Hummelarten. Für Wildbienen- und Schmetterlingsarten, die an bestimmte Pflanzenarten gebunden sind, bringen sie dagegen nichts (Schmidt-Egger & Witt 2014). Viele der derzeit durch das Landvolk, Jagdverbände und andere Lobbyorganisationen angebotenen Programme beschränken sich auf diese einfache und kurzfristige und wenig nachhaltige Maßnahme. Die Blühstreifen werden im Frühjahr (bis 15. April) angelegt und können ab dem 15. Oktober bereits wieder beseitigt werden. Damit bieten sie weder Brut- und Überwinterungshabitate für Insekten (z.B. in hohlen Stängeln) noch Nahrung in Form von Samen oder Struktur im Winterhalbjahr für Vögel und Niederwild.

Bei den sogenannten strukturreichen Blühstreifen (derzeitige Maßnahme BS 12) oder überjährigen Blühstreifen wird auf der Hälfte oder zwei Dritteln der Fläche eine einjährige Blühmischung (s.o.) angesät; der andere Teil wird der Selbstbegrünung überlassen. Dieser Blühstreifen bleibt über den Winter erhalten und im zweiten Jahr bleiben weiterhin 30-50 % des Blühstreifens (bezogen auf die Gesamtfläche) stehen, um Tieren Deckung zu bieten. Nur 50-70 % werden im zweiten Jahr neu mit der einjährigen Blühmischung angesät. Dieser Blühstreifentyp hat sich vor allem für den Schutz und die Förderung von Rebhühnern bewährt (s. www.rebhuhnschutzprojekt.de/ ).

Sowohl bei den einjährigen als auch bei den strukturreiche Blühstreifen könnte der Nutzen für den Naturschutz zukünftig deutlich gesteigert werden, wenn in der nächsten EU-Förderperiode ab 2021 artenreichere Mischungen vorgeschrieben werden, die auch gebietseigene Ackerwildkrautarten enthalten, wie es derzeit bereits in Sachsen-Anhalt der Fall ist. Dort, wo noch seltene Ackerwildkrautarten vorkommen, muss jedoch durch festgelegte Gebietskulissen gewährleistet werden, dass keine Blühstreifen angesät, sondern Schonstreifen für die vorhandenen Ackerwildkräuter angelegt werden.

Seit 2019 können Landwirte in Niedersachsen in einem vereinfachten Verfahren als freiwillige Maßnahme sogenannte Bejagungsschneisen, die irreführenderweise auch als „Biodiversitätsstreifen“ bezeichnet werden, auf einem Teil ansonsten einheitlich bewirtschafteter Ackerflächen gezielt begrünen oder der Selbstbegrünung überlassen. Hier verwenden viele Landwirte einjährige Blühmischungen. Nach der Ernte der Hauptkultur gehen die Flächen sofort wieder im Rahmen der Bestellung mit einer Folgefrucht in die normale Bewirtschaftung über. Ihr Nutzen für die Biodiversität ist gering.

Mehrjährige Blühstreifen werden im Rahmen der Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen der EU für fünf Jahre auf Ackerflächen angelegt und danach wieder umgebrochen. Sie dienen als - zumindest temporärer - Ersatz für verlorengegangene Säume und Feldraine und sollen Nahrungs- und Rückzugsräume für blütenbesuchende Insekten, Feldvögel und Niederwild bieten (Kirmer et al. 2016). Nachdem in Niedersachsen mehrjährige Blühstreifen aus Kulturpflanzen in der letzten Förderperiode (2007-2013) bereits nach kurzer Zeit vergrasten und zum Teil invasive Arten wie etwa die vielblättrige Lupine enthielten, wurde für die Förderperiode 2014 bis 2020 eine Saatmischung mit 20 gebietseigenen Wildpflanzenarten entwickelt und gefördert (Maßnahme BS2). Beigemischt sind einige einjährige Kulturpflanzen für den Blühaspekt im ersten Jahr, die aber ab dem zweiten Jahr verschwinden, um Platz für die Wildpflanzen zu machen. Untersuchungen der Hochschule Osnabrück zeigen, dass diese Wildpflanzenmischungen sich nach guter Bodenvorbereitung und sorgfältiger oberflächlicher Aussaat vor allem auf besonnten Standorten sehr gut entwickeln. Notwendig ist ein feinkrümeliges Saatbeet, das feinsamige Saatgut darf nicht eingedrillt werden, weil es viele Lichtkeimer enthält. Ab dem zweiten Jahr zeigt sich ein ausgeprägter Blühaspekt mit Grünland- und Saumarten (z. B. Wiesen-Margerite, Weiße und Rote Lichtnelke). Durch die geringe Saatdichte von nur 7 kg/ha kommen auch noch Ackerwildkräuter wie Kamille oder Mohn vor (Abb. 1). In späteren Jahren blühen auch Pflanzen mit langsamer Jugendentwicklung wie Tüpfel-Johanniskraut oder Leinkraut.

Leider wurden im Rahmen der derzeitigen Niedersächsischen Agrarumweltmaßnahmen zunächst späte Pflegetermine (Mulchschnitt zwischen September und März) vorgeschrieben. Dadurch erreichten insbesondere auf schattigen Standorten und nährstoffreichen Böden Gräser und konkurrenzkräftige Ruderalarten hohe Deckungen. Da sich die Blühmischung auf Versuchsflächen, die im Juli gemulcht wurden, hinsichtlich des Kräuteranteils und Blühaspekts deutlich besser entwickelten als im September oder März gemulchte, wurden die Vorgaben bei der Niedersächsischen Fördermaßnahme BS2 inzwischen geändert (Mahd ab 10. Juli möglich). Grundsätzlich wäre eine Mahd mit Abtransport des Mahdguts wegen der damit verbundenen Aushagerung noch besser für die Entwicklung der Blühstreifen, ist aber momentan von Seiten der EU nicht erlaubt. Um Verbesserungsempfehlungen für die nächste Förderperiode der niedersächsischen Agrarumweltmaßnahmen ab 2021 zu geben, entwickelt die Hochschule Osnabrück standortangepasste artenreichere Wildpflanzenmischungen für verschiedene Standortbedingungen (z.B. trockene Standorte, Waldränder). Diese werden seit 2017 an verschiedenen Standorten in Niedersachsen getestet.

Da mehrjährige Blühstreifen im Rahmen der Agrarumweltmaßnahmen auf Äckern nach dem fünften Jahr umgebrochen werden, sollten sie nach Möglichkeit über mehrere Jahre gestaffelt auf benachbarten Flächen anlegt werden. Dadurch stehen dann, wenn der erste Blühstreifen umgebrochen wird, noch weitere mehrjährige Blühstreifen als Ausweichflächen für Tiere zur Verfügung. Noch besser ist es jedoch, wenn zusätzlich dauerhafte Strukturen wie arten- und blütenreiche Säume und Feldraine neu angelegt oder verarmte Randstrukturen aufgewertet werden können (s. u.), die dann bei guter Pflege auch langfristig zur Förderung der Biodiversität beitragen können.

Säume, Feld- und Wegraine als dauerhafte Randstrukturen

Durch Ansaat der Osnabrücker Mischung etablierter artenreicher Feldrain in Osnabrück Lüstringen
(Foto: Daniel Jeschke)

Als dauerhafte lineare Randstrukturen sind arten- und blütenreiche Säume im Übergang zu Waldrändern und Hecken sowie Feld- und Wegraine besonders wichtig für den Biotopverbund, vor allem in Landschaften, in denen sie tatsächlich noch zur Verbindung anderer naturschutzfachlich hochwertiger Biotope beitragen. In ausgeräumten Agrarlandschaften stellen Feldraine, neben Blühstreifen (s. o.), dagegen oftmals die einzigen nicht intensiv genutzten Bereiche dar, die überhaupt noch Rückzugsräume für Tiere bieten.

Verfahren zur Neuanlage von Säumen und Feldrainen wurden im Forschungsprojekt „ProSaum“ der Hochschule Osnabrück und der Hochschule Anhalt erprobt. Auch vergraste und an Arten verarmte Randstrukturen lassen sich nach einer gründlichen Bodenbearbeitung, bei der die bestehende Vegetation komplett zerstört wird, in blütenreiche Habitate für zahlreiche Pflanzen- und Insektenarten verwandeln (Kirmer et al. 2019). Die Wiederansiedlung standorttypischer Pflanzenarten kann – sofern artenreiche Spenderflächen noch vorhanden sind - durch die Übertragung von Mahdgut erfolgen oder durch Ansaat mit artenreichem gebietseigenem Wildpflanzensaatgut (Zertifikate VWW-Regiosaaten und Regiozert). Im Rahmen des Forschungsprojekts ProSaum wurden die Pflanzenarten für die verwendeten Samenmischungen auf Grundlage pflanzensoziologischer Literatur und Vegetationsaufnahmen an noch vorhandenen Saumrelikten ausgewählt. Dabei erfolgte ein Abgleich mit den Daten der floristischen Kartierung und regionalen Florenwerken, um keine Florenverfälschung zu betreiben. So wurden für die Wiederansiedlung vor allem Arten der Mittelklee-Odermennig-Säume und mesophytische Grünlandarten ausgewählt (s. Artenliste in Kiehl et al. 2014). Die Ergebnisse zeigen, dass für die langfristige Erhaltung der Arten- und Blütenvielfalt in neu angelegten Feldrainen vor allem die Pflege entscheidend ist. So führt eine späte Mahd (September) vor allem auf nährstoffreichen Böden im Verlauf von vier bis fünf Jahren zur Vergrasung und der Blühaspekt verschwindet (Kiehl & Kirmer 2019). Grundsätzlich sollte eine Mahd mit Abräumen der Biomasse jedoch zeitlich gestaffelt durchgeführt werden (der erste Teil im Juni, der zweite 6-8 Wochen später), um nicht das gesamte Blütenangebot auf einmal zu entfernen. Bei der Neuanlage muss auf eine gute fachliche Begleitung geachtet werden, damit z.B. im ersten Jahr eine standortangepasste Entwicklungspflege erfolgen kann. Eventuell aus der Samenbank aufkommende unerwünschte Arten werden dabei durch Schröpfschnitte zurückgedrängt, damit die angesäten Wildpflanzenarten genügend Licht bekommen (Kirmer et al. 2019). Die Untersuchung von Tagfaltern und Widderchen im Rahmen von Abschlussarbeiten ergab, dass die neu angesäten Säume und Feldraine sehr gut durch blütenbesuchende Insekten genutzt werden (Abb. 2) und zwar vor allem dann, wenn sie an bestehende strukturreiche Lebensräume angrenzen (z.B. Ruschkowski et al. 2017, Schmid 2018).

Neu angelegte Säume und Feldraine sollten mindestens 3 m breit sein, um genügend Habitatvielfalt zu bieten und Randeffekte zu minimieren. Wegerandstreifenprogramme von Gemeinden, bei denen z. B. im Zuge von Kompensationsmaßnahmen Ansaaten auf nur 1,5 m breiten Wegrainen durchgeführt werden, haben zum Teil eher Alibicharakter, da es bei sehr schmalen Randstrukturen schnell wieder zum Artenverlust durch randliches Wegpflügen, Herbizidverdriftung, zu intensive Straßenbankettpflege usw. kommt. Die Vergrasung wird auch gefördert, wenn aus Kostengründen Saatmischungen mit 70 % Gräsern und nur 30 % Kräutern verwendet werden und nur eine Mulchmahd ohne Abräumen der Biomasse erfolgt.

Wiederherstellung von artenreichem Grünland und Magerrasen

Nutzung neu angelegter Säume durch Tagfalter (hier: Brauner Feuerfalter, Foto Joy Ruschkowski)

Verfahren zur Wiederherstellung von artenreichem Grünland und Magerrasen sind mittlerweile in vielen Forschungs- und Umsetzungsprojekten erfolgreich erprobt und in Handlungsanleitungen dargestellt (Kirmer et al. 2012, www.spenderflaechenkataster.de). Für die Anlage von Kalkmagerrasen, Feucht- und Frischwiesen eignet sich besonders gut die Übertragung artenreichen Mahdguts. Dieses wird zu einem Zeitpunkt gewonnen, wenn möglichst viele Pflanzenarten der Spenderfläche reife Samen haben und direkt nach der Mahd in frischem Zustand auf eine geeignete Empfängerfläche übertragen. In der Stadt und im Landkreis Osnabrück konnten durch Mahdgutübertragung bereits erfolgreich Grünland- und Kalkmagerrasenflächen wiederhergestellt werden (z.B. im NSG Silberberg und auf einer Kompensationsfläche der Stadt in Osnabrück Haste). Leider wird dieses sehr gute Verfahren, mit dem auch seltene und gefährdete Arten übertragen werden können, immer noch zu wenig angewendet. Im Rahmen einer Abschlussarbeit wurde 2011 für die Stadt und den Landkreis Osnabrück bereits ein Spenderflächenkataster erarbeitet, das jetzt wieder aktualisiert werden müsste. Mehrfache Anfragen (und Projektvorschläge) der Autorin an den NLWKN in den letzten Jahren bezüglich der Einrichtung eines landesweiten Spenderflächenkatasters nach dem Vorbild andere Bundesländer (z.B. Sachsen-Anhalt, Thüringen, NRW) waren bislang leider nicht erfolgreich, obwohl ein dringender Bedarf besteht und viel der noch verbliebenen artenreichen Spenderflächen weiterhin nicht ausreichend gesichert sind.

Dort, wo artenreiche Spenderflächen fehlen, wird zur Anlage von Grünland zunehmend auf Saatmischungen aus gebietseigenem Wildpflanzensaatgut zurückgegriffen. Die derzeit auch im Landkreis Osnabrück vielerorts verwendete „Osnabrücker Mischung“ wurde ursprünglich für die Anlage von Blumenwiesen und Wegrainen auf frischen bis mäßig trockenen Standorten in der Stadt Osnabrück entwickelt (s. u.) und eignet sich daher nicht für alle Standortbedingungen. Deshalb ist die Entwicklung weiterer regionaltypischer und standortangepasster Saatmischungen z.B. für Feuchtwiesen oder auch für Weiden notwendig.

Für die Neuanlage von Sand- und Kalkmagerrasen ist neben der Mahdgutübertragung das Verfahren der Rechgutübertragung zu empfehlen, bei dem in wenig produktiven und/oder nicht befahrbaren Magerrasen (z.B. auf Binnendünen) Pflanzenmaterial und Streu mit den darin enthaltenen Samen und vegetativen Pflanzenteilen (inkl. Moose und Flechtenbruchstücken) zusammengeharkt und auf eine standörtlich passende trockene, nährstoffarme Empfängerfläche übertragen wird (Kirmer et al. 2012). An der Hochschule Osnabrück laufen zur Zeit Versuche zur Ansiedlung von Sandmagerrasenarten im Rahmen von Dachbegrünungen (Kiehl 2019). Das Rechgut dafür wurde im FFH-Gebiet Achmer Sand gewonnen.

Grundsätzlich gilt für neu angelegte Grünland- und Magerrasenbestände ebenso wie für Säume und Feldraine, dass sich die Wiederansiedlung nur dann lohnt, wenn die Entwicklungs- und Folgepflege gesichert sind. Dafür sind „Kümmerer“ wie engagierte Landwirte, Biostationen oder ehrenamtliche Naturschutzaktive notwendig. Im besten Fall erfolgt eine Einbindung in Landnutzungssysteme z. B. zur Produktion von kräuterreichem Heu oder je nach Standort und Vegetationstyp zur Beweidung mit Schafen, Ziegen oder robusten Rinder- und Pferderassen.

Blumenwiesen und blütenreiche Wegraine in der Stadt

Durch Ansaat der Osnabrücker Mischung etablierte Blumenwiese im Park der Hochschule Osnabrück
in Haste (Foto Kathrin Kiehl)

Auch städtische Grünflächen sind heute durch die jahrzehntelange Verwendung artenarmer grasdominierter Regelsaatgutmischungen, Vielschnittmahd kurzrasiger Flächen oder Mulchen ohne Abräumen der Biomasse bei sogenannten „Landschaftsrasen“ oft artenarm und grasdominiert. Bereits während des Forschungsprojekts „ProSaum“ erfolgten erste Neuanlagen arten- und blütenreicher Säume und Wegraine durch Ansaat im Stadtgebiet von Osnabrück (Kirmer et al. 2019). In Kooperation mit dem 2013 gegründeten „Osnabrücker Bienenbündnis“ habe ich dann gemeinsam mit Daniel Jeschke (Hochschule Osnabrück) ab 2014 die „Osnabrücker Mischung entwickelt, eine kräuterreiche Saatmischung mit mehr als 40 gebietseigenen Wildpflanzenarten. Da sich nicht nur der Landkreis, sondern auch das Stadtgebiet von Osnabrück durch eine Vielzahl unterschiedlicher geologischer Formationen und Böden auszeichnen, die oft auf kleinem Raum wechseln, wurde eine artenreiche Mischung zusammengestellt, die sich für frische, mäßig saure bis basenreiche Standorte mit mäßiger bis guter Nährstoffverfügbarkeit eignet. Dadurch ist bereits ein breites Standortspektrum abgedeckt, die Mischung eignet sich jedoch nicht für feuchte oder nasse oder extrem trockene, nährstoffarme Standorte. Beispiele zahlreicher Ansaaten im Stadtgebiet und auf dem Gelände der Hochschule Osnabrück in den letzten Jahren zeigen, dass sich die „Osnabrücker Mischung“ in Abhängigkeit von den vor Ort lokal vorkommenden Standortkombinationen hinsichtlich der Dominanzverhältnisse der angesäten Arten sehr unterschiedlich entwickeln kann. Insbesondere auf eher flachgründigen basenreichen Böden (z. B. über Muschelkalk), aber auch auf städtischen Grünflächen mit ausgehagerten Böden entstehen bei guter Bodenvorbereitung und Pflege sehr arten- und blütenreiche Bestände (Abb. 3). Um Wildbienen und anderen blütenbesuchenden Insekten einen möglichst lang andauernden Blühaspekt zu bieten, sollte eine zeitlich gestaffelte Mahd durchgeführt werden, bei der ein Teil einer jeden Fläche im Juni und der andere Teil sechs bis acht Wochen später gemäht und das Mahdgut abgeräumt wird. Seit 2018 wurden im Rahmen des Osnabrücker Bienenbündnis mehrere Schulungen durchgeführt, um den Mitarbeitern des für die Grünflächenpflege zuständigen Osnabrücker ServiceBetriebs Informationen über Wildbienen und Wildpflanzen näherzubringen und die Besonderheiten der Pflege neu angelegter Blumenwiesen und Wegraine zu erläutern.

Trotz des bisher überwiegend ehrenamtlichen Einsatzes vieler Beteiligter im Rahmen des „Osnabrücker Bienenbündnis“, möchte ich hier betonen, dass die Neuanlage arten- und blütenreicher Biotope – ebenso wie die Pflege und Entwicklung bestehender Naturschutzflächen – sachkundiger fachlicher Begleitung bedarf, die auch entsprechend honoriert werden muss! Insofern ist zu hoffen, dass der aktuelle Beschluss des Osnabrücker Stadtrats, noch mehr für Wildbienen und andere Insekten in der Stadt zu tun, auch zur Bereitstellung der dafür notwendigen Mittel führen wird.

Quellen

Kiehl K. (2019): Urban-industrielle Ökosysteme. In: Kollmann J., Kirmer A., Tischew S., Hölzel N., Kiehl K. [Hrsg.]: Renaturierungsökologie, S. 389-410. Springer, Berlin.

Kiehl K. & Kirmer A. (2019): Säume und Feldraine. In: Kollmann J., Kirmer A., Tischew S., Hölzel N., Kiehl K. [Hrsg.]: Renaturierungsökologie, S. 277-288. Springer, Berlin.

Kiehl K., Kirmer A., Jeschke D. & Tischew S. (2014): Restoration of species-rich field margins and fringe communities by seeding of native seed mixtures. In: Kiehl K., Kirmer A., Shaw N. & Tischew S. (Hrsg.): Guidelines for native seed production and grassland restoration, S. 244-273. Cambridge Scholars Publishing, Newcastle upon Tyne, UK.

Kirmer A., Krautzer B., Scotton M. & Tischew S. [Hrsg.] (2012): Praxishandbuch zur Samengewinnung und Renaturierung von artenreichem Grünland. Eigenverlag Lehr- und Forschungszentrum Raumberg-Gumpenstein, Irdning, Österreich, 221 S.

Kirmer A., Pfau M., Mann S., Schrödter M. & Tischew S. (2016): Erfolgreiche Anlage mehrjähriger Blühstreifen durch Ansaat wildkräuterreicher Samenmischungen und standortangepasste Pflege. Natur und Landschaft 3: 109-118.

Kirmer A., Jeschke D., Kiehl K. & Tischew S. (2019): Praxisleitfaden zur Etablierung und Aufwertung von Säumen und Feldrainen, 2. Aufl. Eigenverlag Hochschule Anhalt, Bernburg. 60 S.

Ruschkowski J., Kiehl K. & Zucchi H. (2017): Vorkommen von Tagfaltern und Widderchen an Säumen und Feldrainen im Osnabrücker Raum. Osnabrücker Naturwissenschaftliche Mitteilungen 42/43: 121-141.

Schmid L. (2018): Untersuchungen zum Vorkommen von Tagfaltern und Widderchen sowie zur Vegetation auf neu angelegten Blühflächen in der Stadt Osnabrück (Niedersachsen). Bachelorarbeit Landschaftsentwicklung, Hochschule Osnabrück. 101 S.

Schmid-Egger C. & Witt R. (2014): Ackerblühstreifen für Wildbienen - Was bringen sie wirklich? Ampulex 6/2014: 13-22.

 

Text und Fotos: Prof. Dr. Kathrin Kiehl (Vegetationskunde und Botanik, Hochschule Osnabrück)

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